Wenn der Versicherer die Abschleppkosten für zu hoch hält

Quelle IWW.de Bericht vom 22.10.2020/UE

Wenn die Polizei einen Abschleppunternehmer an die Unfallstelle ruft, scheidet ein Auswahlverschulden des Geschädigten in Hinblick auf die Abschleppkosten aus. Das heißt: wenn für den Geschädigten als Laie nicht erkennbar ist, dass Preis und Leistung des Abschleppunternehmens nicht übereinstimmen, so muss die gegnerische Versicherung die Kosten übernehmen.

Die gegnerische Versicherung kann allerdings selbst gegen den Abschleppunternehmer vorgehen und die von ihm behaupteten Rückforderungsansprüche des Geschädigten wegen Rechnungsüberhöhung abtreten lassen und versuchen, dort Regress zu nehmen, entschied das AG Tettnang.

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Ein Beispiel:

Der Versicherer hielt statt der in Rechnung gestellten 348,69 Euro nur einen Betrag von 267,75 Euro für berechtigt. Das sind etwas weniger als 80 Prozent des berechneten Betrags. Dass eine (angebliche) Überhöhung von etwas mehr als 20 Prozent laienerkennbar sein soll, verneinte das AG Tettnang (Urteil vom 12.10.2020, Az. 8 C 335/20, Abruf-Nr. 218381, eingesandt von Rechtsanwalt Jürgen Hohl, Langenargen).

Zumeist greifen die Versicherer auf die Preis- und Strukturbefragung des Verbandes Bergen und Abschleppen VBA e.V. zurück. Doch die erklärt gleich zu Anfang auf der ersten Seite: „Alle Stundenverrechnungssätze sind statistische Mittelwerte“.

Es kommt aber auf die Üblichkeit an, nicht hingegen auf den Durchschnitt. Denn ein Durchschnitt setzt sich immer aus einer Bandbreite zusammen, und ein Durchschnittsbetrag setzt zwingend voraus, dass es höhere und niedrigere Einzelbeträge gibt. Sonst wäre es auch kein Durchschnittsbetrag. Also machen wir uns bei dieser Schwankungsbreite keine Sorgen, dass ein Regress des Versicherers gegen den Abschleppunternehmer erfolgreich sein könnte.

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