Corona-Krise: Wer trägt bei einem Haftpflichtschaden die Corona-bedingten Desinfektionskosten?

Corona-Krise: Wer trägt bei einem Haftpflichtschaden die Corona-bedingten Desinfektionskosten?

Ganz klar: Der Versicherer. Denn unabhängig von allen Fragen, ob die Desinfektion sinnvoll, nützlich oder gar zwingend ist, unterfällt diese Position also dem sog. Werkstattrisiko und ist schon von daher vom Versicherer zu erstatten. Das bestätigt in einer kurzen Verfügung nun auch das AG München. Die Desinfektionskosten sind aus Sicht des Geschädigten eine Schadenposition, die er nicht beeinflussen kann. Urteile: Siehe Praxistipp weiter unten.

Quelle IWW Heft 10/2020

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savesto-Hintergrundinfo: Was bedeutet eigentlich Werkstattrisiko oder Prognoserisiko?

Liegt die Reparatur eines Schadens höher als geplant, passiert der Werkstatt ein Fehler bei der Reparatur, oder sind überhöhte Sätze in der Abrechnung (Beispiele von Werkstattrisiko)– ist der Geschädigte nicht dafür verantwortlich, wenn er einen neutralen Sachverständigen beauftragt hat, die Werkstatt nach bestem Wissen und Gewissen gewählt hat und keine falschen Angaben gegenüber dem Sachverständigen gemacht hat. Denn

  • Das Gutachten des Schadens legt den i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand nicht bindend fest (BGH NJW 89, 3009).
  • Die durch Rechnung belegten tatsächlichen Aufwendungen sind bei der Erforderlichkeitsprüfung (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) im Allgemeinen aussagekräftiger als die Schadenskalkulation (BGH NJW 89, 3009)
  • Der Geschädigte darf sich grundsätzlich auf die Richtigkeit der Angaben in dem Gutachten eines anerkannten Sachverständigen verlassen
  • Prognosefehler des Sachverständigen gehen grundsätzlich zu Lasten des Schädigers, denn der Sachverständige ist kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten und der Schädiger schuldet die Wiederherstellung, also hätte es ihn sowieso getroffen. (Prognoserisiko)

Beim Haftpflichtschaden trägt bei Sach- und Sachfolgeschäden das Werkstattrisiko in vielen Fällen der Schädiger (also die Versicherung des Schädigers muss für die Kosten aufkommen). Es gibt hierzu jede Menge Urteile. Aber Achtung: Es gibt aber auch Grenzen in den Kalkulationen, die zu beachten sind, beispielsweise spielt der Wiederbeschaffungswert eine tragende Rolle, ob die Kosten gerechtfertigt sind.

Wenn Sie als savesto-Partner unsicher sind, rufen Sie uns an. Unsere Rechtsanwältin Dr. Tanja Kistner, gibt Ihnen Auskunft darüber, wie sich die Sachlage verhält.

PRAXISTIPP von IWW zu Desinfektionskosten bei CORONA: Mit dem AG München hat nach dem AG Heinsberg ein weiteres Gericht die Desinfektionskosten zugesprochen. Allerdings lässt das AG München die Schadenposition Desinfektionskosten dem allgemeinen Werkstattrisiko unterfallen (AG München, Verfügung vom 30.09.2020, Az. 331 C 13198/20, Abruf-Nr. 218134, eingesandt von BRE Burkard Rechtsanwälte, Meckenheim). Das AG Heinsberg ging einen Schritt weiter: Es hält die Desinfektionsmaßnahmen für notwendig und hat deshalb den Versicherer zur Erstattung der Kosten verurteilt (AG Heinsberg, Urteil vom 04.09.2020, Az. 18 C 161/20, Abruf-Nr. 217974).

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