Schadenabwicklung – Kfz-Haftpflicht: Was darf der Geschädigte selbst entscheiden?

Muss sich der Geschädigte bei einem Haftpflichtschaden an alle Anweisungen, die er von der Versicherung des Schädigers erhält, halten? Was passiert, wenn er sich nicht daran hält? Worauf muss er achten?

Grundsätzlich gilt: Der Geschädigte darf selbst über die Schadenbeseitigung Regie führen! Der folgende Text enthält Beispiele und Urteile. Da das Thema sehr komplex ist, wenden Sie sich im Zweifelsfall als savesto Partner an unser Rechtsanwältin Dr. Tanja Kistner

Quelle: IWW /UE Heft 8/2020

Manchmal schreiben die Versicherungen: Weil sich der Geschädigte sich nicht an die von ihnen geschickten Anweisungen gehalten habe, seien die Aufwendungen in der unter Verstoß gegen die Anweisungen entstandenen Höhe nicht erforderlich im Sinne des Schadenrechts. Oder aber der Geschädigte habe gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen.

Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB darf der Geschädigte entscheiden, dass sich der Schädiger aus der Schadenbeseitigung herauszuhalten hat. Er, der Geschädigte selbst, entscheidet, was wie gemacht wird, und der Schädiger muss „den dazu erforderlichen Geldbetrag“ zur Verfügung stellen.

Denn der Geschädigte darf ohne Weiteres Misstrauen gegen die Schadenbeseitigung durch den Schädiger selbst hegen. Der Schädiger wäre naturgemäß an der möglichst billigsten Schadenbeseitigung interessiert, die jedoch nicht immer die perfekte und nachhaltige Schadenbeseitigung wäre – das ist von Fall zu Fall verschieden.

Allerdings gilt für den Geschädigten die Schadenminderungspflicht:

Schadenminderungspflicht

Bei der Entstehung und bei der Abwicklung eines Haftpflichtschadens ist der Geschädigte gehalten, den Schaden für den Schädiger so gering wie möglich zu halten.

Beispiel (von bussgeldkatalog.org): Liegt zum Beispiel ein Totalschaden vor, darf der Geschädigte seinen Wagen in der Regel nicht hunderte Kilometer weit abschleppen lassen, obwohl der nächste Verwertungshof in der Nähe ist.

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Der Geschädigte muss sich nicht auf Sonderkonditionen von Vertragswerkstätten des Schädigers verweisen lassen.

BGH-Urteil vom 20.10.2009, Az. VI ZR 53/09, Rz. 13, Abruf-Nr. 133712 „Das bedeutet insbesondere, dass sich der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht auf Sonderkonditionen von Vertragswerkstätten des Haftpflichtversicherers des Schädigers verweisen lassen muss. Andernfalls würde die ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen, die ihm die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet

ABER

Anders kann es sich bei Kosten verhalten, die zwar in der Schadenabwicklung inkludiert sind, aber nicht direkt am Fahrzeug, also kommen ihnen keine entscheidende Bedeutung zu. Beispielsweise die Kosten für ein Mietfahrzeug. Ist der Mietwagen noch nicht angemietet und die Versicherung schickt ein präzises Angebot für ein Mietfahrzeug, so darf der Geschädigte in der Regel keinen Mietwagen nehmen, der teurer ist.

Und wie sieht es mit dem Gutachten aus?

Darf ich einen beliebigen Gutachter bestellen? Das Gutachten gehört zwar nicht zu den direkt mit dem Fahrzeug verbundenen Kosten, allerdings beruht die Reparatur des Fahrzeugs auf das Gutachten und bildet die Basis hierfür, handelt es sich doch wieder um eine direkte Einwirkung auf das verunfallte Fahrzeug. Die Rechtsprechung ist laut IWW nicht gänzlich geklärt. Versicherer haben schon versucht, Hinweise zu Schadengutachtern mit besonders günstigen Preisen zu geben und daraus herzuleiten, die Beauftragung eines Schadengutachters mit höheren Preisen sei nicht erforderlich, mindestens aber ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht gewesen Das ist bei den Amtsgerichten nahezu einhellig auf Ablehnung gestoßen (exemplarisch: AG München, Urteil vom 20.09.2017, Az. 322 C 12124/17, Abruf-Nr. 196819).

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